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Selbst disqualifiziert

Unsere deutschen Hardliner müssen sich gar nicht besonders gegen einen möglichen EU-Beitritt der Türkei in Stellung bringen. Die Türken bzw. deren Regierung disqualifizieren sich momentan selbst.

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Andererseits: sicherlich würde mancher EU-Regierungschef (oder -chefin) gerne ähnlich vorgehen wie der türkische Kollege. Insgeheim wird es da bestimmt etwas Neid geben ob der völligen Wahlfreiheit bei den Mitteln des Umgangs mit unliebsamen Informationen.

Zensur ist zurück

Vielleicht kommt der Union die ganze Geschichte um den Verteidigungsminister gar nicht so unrecht, denn während halb Deutschland sich einen Kopf über den Freiherrn diskutiert, möchten die Unionsparteien die Internetsperren einführen.

Natürlich ist es die altbekannte Mär vom Kampf gegen die Kinderpornographie, die dort ins Feld geführt wird, um uns durch die Hintertür die Freiheit zu nehmen, für die in Tunesien oder Ägypten Menschen auf die Straße gegangen sind. Mal davon ab, dass die Sperrversuche ins Leere gehen, da sie technisch umgangen werden können (und man kann sicher sein, dass sich genügend freiheitsliebende Menschen finden, die entsprechende Projekte ins Leben rufen werden), so richtet man auf diesem Weg eine Infrastruktur ein, die jederzeit auch für die Sperrung anderer unliebsamer Inhalte genutzt werden kann. Und was man machen kann, wird auch gemacht..

Hoffen wir, dass der Koalitionspartner auch diesmal standhaft bleibt. Die FDP kann sich auf dem Gebiet echt einige Sympathiepunkte erarbeiten..

JMStV – Strohfeuer 2010

Nein, was war das für eine Welle, die etwas zu spät durch die Blogs gegangen ist.

Der böse Jugendmedienschutz-Staatsvertrag schien der Quell allen Übels zu sein, fühlten sich doch viele Blogbetreiber durch die vermeintliche Alterskennzeichnungspflicht und Sendezeiten zur Einstellung ihrer Aktivitäten in der bisherigen Form gezwungen. Dumm nur, dass die ganze Aufregung erst aufkam, als es eigentlich schon zu spät war, sprich, nur noch die Zustimmung der Länderparlamente fehlte.

Klar habe ich im Nachhinein leicht reden, aber ich hatte nie geplant, den Betrieb hier einzustellen. Der Wirbel schien mir doch etwas zu groß, da ich vom reinen Bauchgefühl (und dafür fand ich durchaus Unterstützung) davon ausgegangen bin, dass Blogger nicht oder nur marginal von den Regelungen betroffen sein dürften. Im weitesten Sinne sind Blogs in meinen Augen ein journalistisches Angebot, zumindest würde ich dies im weitesten Sinne für mich in Anspruch nehmen. Wenn jemand regelmäßig aktuelle Geschehnisse in Politik, Boulevard oder Sport (sofern es da einen Unterschied gibt) kommentiert, müßte er nach meinem Verständnis ähnliche Regeln in Anspruch nehmen dürfen wie viele sogenannte Nachrichtenmagazine. Und dann schmelzen die Konsequenzen des JMStV zusammen.

Aber am Ende ist es doch anders gekommen, da in Nordrhein-Westfalen der Landtag geschlossen (!) gegen diese Novellierung gestimmt hat. Man muss sich das mal vor Augen führen: SPD und CDU haben auf Bundes- und Länderebene dieses Werk verbrochen, um es dann in NRW vor die Wand zu fahren. Auch die GRÜNEN und die FDP haben sich in anderen Parlamenten als Erfüllungsgehilfen erwiesen, selbst DIE LINKE hat sich in Berlin der SPD gebeugt – dennoch haben diese Parteien in NRW in ungewohnter Eintracht gegen die Novellierung des JMStV gestimmt.

Man sollte es nicht falsch verstehen – die Regelungen der Novellierung waren einmal mehr dazu angetan, in kleinen Schritten eine Infrastruktur zu schaffen, die gewisse Formen der Zensur erlaubt. Deshalb ist es gut und richtig, dass dieser Staatsvertrag gescheitert ist. Allerdings könnte man der Politik durchaus gute Ziele unterstellen – eine Jugendschutzinfrastruktur macht im Netz grundsätzlich was her. Allerdings denke ich, dass dieses Problem nicht nur nationale Gesetze gelöst werden kann, sondern in internationalen Fachgremien bearbeitet weren muss. Zum Beispiel könnte in technischen Standards festgelegt werden, wie im HTML-Text der Seite eine Altersklassifikation umgesetzt werden kann, deren Auswertung dann der Clientsoftware (Browser des Nutzers) überlassen bleibt. So kann der Nutzer bzw. die Eltern für ihr Kind festlegen, welche Altersklassifikation überhaupt angezeigt werden und wie mit Inhalten ohne Alterseinstufung umgegangen werden soll. Und auf diesem technischen Standard braucht es dann auch kein Gesetz, sondern lediglich (leicht geschrieben) eine gute Medienkompetenz der Nutzer.

Aber in dieser Novellierung zeigte sich einmal mehr, dass Politiker in diesen Tagen das Medium Internet noch nicht verstehen. Sie fassen es als ein modernes Fernsehen auf, bei dem einige Sender an viele Empfänger ein Programm verteilen. Dummerweise ist im Internet eine Vielzahl der Empfänger gleichzeitg Sender und das auch noch örtlich unbeschränkt. Dieses Konstrukt ist nicht auf bisherige Art und Weise per Gesetz zu kontrollieren, aber diese Erkenntnis fehlt in den Parteien.

Gut, am Ende ist erst einmal nichts passiert. Doch jeder, der jetzt aufatmet, sollte nicht vergessen, dass dies nur ein Teilsieg ist. Die Länder verhandeln demnächst den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) neu. Und ich bin mir sicher, dass die Parteien sich nicht noch einmal so strategisch dumm verhalten werden wie bei diesem Mal in NRW. Außerdem gilt das alte Regelwerk natürlich weiterhin.

Deshalb kann ich nur raten, das Thema zu beobachten und diesmal deutlich eher aufzuschreien.

Die gute Nachricht im Fokus

Eine wirklich gute Nachricht brachten die Abendstunden des heutigen Abends:

Ursula von der Leyen wird nicht Bundespräsidentin der Bundesrepublik Deutschland.

Diesen Satz kann man ja mal so stehen lassen. Dass mit dieser Nachricht auch weitere, weniger gute Nachrichten einher gehen, lassen wir heute mal außen vor.

Wer suchet, der findet (Jahresrückblick 2009)

2009 fanden ganz viele Menschen via Suchmaschinen auf meine Seiten. Ich möchte euch die Top-10-Suchbegriffe präsentieren, die im vergangenen Jahr hierhin führten.

1. blondina helmrich

Blondina Helmrich war der Absendername einer Spam-eMail, die offenbar viele Leute erreicht hat. Warum die Leute das Web nach den Absendern böser Mails durchsuchen, bleibt mir schleierhaft.

2. wen soll ich wählen

Im Wahljahr 2009 ist es ja selbstverständlich, dass die Menschen Orientierung suchen. Ich habe zwar nur meine eigenen Positionen bzw. Vorschläge abgegeben, die aber reichlich (allein zur Bundestagswahl: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4).

3. oktoberfest terror

Vor über zwei Jahren habe ich in einem völlig anderen Zusammenhang die Wörter "Oktoberfest" und "Terror" hier benutzt, aber da es ja jedes Jahr ein Oktoberfest gibt, mutiert diese Kombination zum Klassiker. Wer genauer darüber nachdenkt, sollte erschüttert sein, dass die Angst vor Terror inzwischen so fest in den Menschen verwurzelt ist.

4. poposex

Ein alter Klassiker: weil ich längerer Zeit das Gekritzel aus dem längst geschlossenen Silmarillion in Werne hier gezeigt habe, finden immer wieder Menschen mit diesem Schmuddelbegriff hierhin.

5. olesya

"Olesya" ist wie Blondina Helmrich "Absenderin" einer Spamnachricht. Da es sich bei Olesya aber um eine paarungswillige Russin handeln sollte, kann ich das Interesse daran verstehen.

6. rechnen für anfänger

Dieser Sucherfolg basiert auf einem Artikel vor der Mehrwertsteuererhöhung. Ein lokaler Elektrohändler hatte sich wie viele andere bei der Preiserhöhung durch die Erhöhung verrechnet.

7. seltene worte

Meine "Verdienste" um die deutsche Sprache dürften mir diese Sucherfolge eingebracht haben, schreibe ich hier doch regelmäßig über seltene und seltsame Worte.

8. "blondina helmrich"

Wie "beliebt" diese Spammerin ist, zeigt die Tatsache, dass sie es in etwas anderer Suchkombination auf Rang 8 geschafft hat.

9. werde ich überwacht

Basierend auf die Einbindung eines Dienstes, der schaut, ob staatliche IP-Adressen meine Seite aufrufen, stellte ich mir die Frage, ob ich überwacht würde. Zum Glück oder aber leider stellen sich offenbar viele andere Menschen diese Frage auch.

10. solar grablicht

Ein echter Dauerbrenner: seit über drei Jahren wird mein Artikel über ein Solar-Grablicht regelmäßig gesucht und gefunden. Naja, in Zeiten allgemeiner Sparmaßnahmen kommen die Leute halt auf die lustigsten Ideen, auch wenn sie sich so von der eigentlichen Idee und Motivation hinter einem Grablicht entfernen.

Schlechte Nachrichten

Zum Nachdenken.

Durchbruch

Der Damm ist gebrochen, die Büchse der Pandora geöffnet – welches Bild ihr auch immer bevorzugt, es ist genauso gekommen, wie man es vor der Verabschiedung des Internetzensurgesetzes erwarten konnte. Lautete die offizielle Version immer, es ginge nur darum, kinderpornografische Inhalte vor den Augen deutscher Nutzer zu verstecken, kommen nun die Stimmen aus der Koalition, dass man die "Netzsperren" nun doch auch auf "Killerspiele" ausweiten könne (Quelle). Es glaubt doch niemand, dass "Killerspiele" nun die letzte Stufe der Zensur sind. (In Deutschland) Illegale Glücksspielangebote, Urheberrechtsverletzungen oder auch links- oder rechtsextremes Gedankengut werden sicherlich auch bald in die Diskussion um Stopschilder im Internet kommen.

Und so kommt eins zum anderen, bis wir nur noch ausgewählte Inhalte im Internet sehen dürfen, damit unsere sittliche und politische Sichtweise bloß nicht gefährdet wird.

Wer hat denn angefangen?

Laut Frau von der Leyen sei es ""zynisch, im Zusammenhang mit Kinderpornografie von Zensur zu sprechen".

Wer hat denn eigentlich angefangen, ersteres zur Durchsetzung des letzeren zu mißbrauchen?

Zensur scheint abgenickt

Gerade rechtzeitig vor dem Ende der Mitzeichnungsfrist für die ePetition gegen das Zensurgesetz der Bundesregierung hat die SPD der CDU nachgegeben und einem Gesetzentwurf zugestimmt, der den Aufbau einer Zensurinfrastruktur für das Internet vorsieht. Dieses Gesetz soll schon morgen vom Bundestag abgenickt werden. Damit hat sich auch die SPD als wählbare Partei disqualifiziert, auch wenn die Alternativen dünn gesäht sind.

Willkommen in der Volksrepublik China Deutschland.

Mein Name für die Freiheit

Auch auf die Gefahr hin, dass Zensursula und Stasi-2.0-Wolfgang mich für schwer verdächtig halten: ich habe kurz vor Toresschluß noch die ePetition gegen die Zensurpläne der Bundesregierung unterzeichnet. Vielleicht sieht unser Bundeswirtschaftsminister mich nun genauso wie die deutsche Kinderhilfe in direkter Nähe zu Padöphilen, aber das muss ich nun aushalten. Denn im Kern des Vorhabens unserer Bundesregierung geht es ja nicht um den Schutz von Kindern, sondern um den Einstieg in die Zensur des nicht kontrollierbaren Mediums "Internet". Denn die weiß ja eigentlich nichts über das Phänomen "Kinderpornographie im Internet" (PDF).

Deshalb: bis morgen um Mitternacht könnt ihr noch mitzeichnen. Im "Superwahljahr" könnte eine noch größere Zahl an Unterstützern zumindest einige Politiker zum Nachdenken bringen. Und das wäre ja schon mal was..