Ich mag Horst Köhler, aber auch unser Bundespräsident ist immer für eine Überraschung gut.
Man kann über Horst Köhler sagen, was man möchte, aber er ist doch hin und wieder mal für ein paar klare Worte gut. So hat er in einem Interview mit Deutschlandradio vor sechs Tagen nach seinem Besuch des Afghanistan-Kriegs folgendes gesagt:
Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch
wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.
So, so.
Wir kämpfen also nicht für die Freiheit der armen Afghanen, für die Sicherheit der Weltmeere oder gegen den internationalen Terrorismus, sondern für die deutsche Exportwirtschaft. Das ist zwar ehrlich, aber erschreckend. Wenn wir auf ein so niedriges Niveau zurückgekehrt sind, dass wir für den schnöden Mammon unsere Soldaten in den Tod schicken, dann muss man feststellen, dass wir aus tausenden Jahren Geschichte nichts gelernt haben.
Was unser Bundespräsident da in schönen Worte von sich gibt (und im Nachhinein natürlich nicht so gemeint haben will), ist aber gleichzeitig nichts anderes, als eine Bloßstellung der bisherigen Afghanistanpolitik. Obwohl: unter dem Licht der Ausführungen des Bundespräsidenten wirkt die damalige Aussage von Peter Struck, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt wird, gleich ganz anders und nachvollziehbar.
So bitter und traurig die Ausführungen des Herrn Köhler auch sind, so wütend diese Erkenntnis macht, dass Deutschland des Geldes wegen Menschen tötet, so chancenreich ist auch die nun neu entfachte öffentliche Debatte um die Kriegseinsätze der Bundeswehr. Ich sehe da eine Parallele zur Internetzensur: gegen die dafür vorgeschobene Begründung, man wolle Kinderpornografie bekämpfen, fällt es schwer, Argumente zu finden. Ebenso verhält es sich beim Afghanistankrieg – gegen die Begründung, man wolle dem internationalen Terrorismus vorgehen und die armen Afghanen von den bösen Taliban befreien, fällt es schwer, seine Anti-Kriegsposition zu verkaufen. Analog gibt es für die anderen Einsätze der Bundeswehr schöne Begründungen. Da aber nun die wahren Gründe dank der klaren Aussagen des Bundespräsidenten auf dem Tisch liegen, fällt es leicht, diese Kriegs- und Kampfeinsätze zu hinterfragen.
In diesem Sinne einmal mehr: vielen Dank, Herr Köhler.