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Griechenland vs. FDP

Zwei große Themen beschäftigen momentan die Haushalts- und Finanzexperten in Wirtschaft und Politik – Griechenland und Steuersenkungen.

Die drohende Staatspleite Griechenlands dürfte dem deutschen Finanzminister einige schlaflose Nächte bereiten, ist Deutschland doch direkt oder indirekt mit vielen Milliarden Euro an den verschiedenen Rettungsaktionen beteiligt. Es ist offensichtlich, dass die griechischen Bemühungen um eine Haushaltskonsolidierung bei weitem nicht ausreichen, um den drohenden Bankrott abzuwenden. Viele Experten gehen davon aus, dass Griechenland seine Kredite nicht bedienen wird, so dass am Ende so oder so dem deutschen Haushalt Geld fehlt. Denn wie in sovielen Fällen heißt es auch bei den Staatsanleihen, dass die Gewinne gerne privatisiert werden, die Verluste aber von der Allgemeinheit zu tragen sind. Nicht nur die Griechenlandhilfe dürfte auf viele Jahre hinweg die deutschen Haushaltsentwürfe belasten, andere Länder werden sicherlich auch bald angezählt.

Vor diesem ernsten und ungewissen Hintergrund scheint das Thema „Steuersenkung“ geradezu unverantwortlich. Statt zumindest die gute Einnahmeseite zu nutzen, um entweder die Rettungsaktionen teilweise zu finanzieren oder den eigenen Schuldenberg abzutragen, möchte die Bundesregierung gerne 2013 die Steuern senken. 2013? Passend zum Wahljahr möchte die Kanzlerin dem Koalitionspartner einen kleinen Rettungsanker hinwerfen, auf dass Rösler und Co. sich im Wahlkampf doch noch als Steuersenkungspartei profilieren können. So wird Steuerpolitik zur Rettung der FDP betrieben.

Wenn ich die Wahl hätte, ob mit unseren Steuern Griechenland oder die FDP gerettet werden soll, fällt mir die Wahl leicht.

Weniger Netto vom Brutto

Vor der Bundestagswahl 2009 war die FDP die einzige (größere) Partei, die auf Wahlplakaten mit „Mehr Netto vom Brutto“ etwas halbwegs Greifbares versprochen hat. Und unglaublicherweise gab es für den Normalverdiener wie mich am 1. Januar 2010 eine halbwegs angenehme Überraschung, als ich etwa 0,85% mehr Netto auf dem Lohnstreifen vorfand. Das ist nicht wirklich eine spürbare Erleichtung, denn die Teuerungsrate ist deutlich größer als diese Erleichtung und die Lohnsteigerungen gemeinsam. Trotzdem hätte man es als nettes Zeichen werten können..

Dumm nur, wenn inzwischen dank Änderungen im Gesundheitswesen, genau dieses Netto wieder sinkt. Ich gebe zu bedenken, dass der Gesundheitsminister Mitglied eben jener Partei ist, die uns Wählern mehr Netto vom Brutto versprochen hat.

Daher habe ich via Twitter die FDP gefragt, wie es denn mit dem damaligen Wahlversprechen steht.

@fdp_de – Wenn ich heute auf meine Lohnabrechnung schaue, frage ich mich, wo denn das 2009 versprochene mehr Netto vom Brutto geblieben ist.

Die Antwort kam einige Stunden später:

@elroyguess Zum Beispiel hier http://tinyurl.com/28hvhkw ..aber immer noch gilt: Sparen bleibt wichtigstes Ziel http://tinyurl.com

Natürlich ist es grundsätzlich schön, wenn Parteien versuchen, die Fragen von Bürgern zu beantworten, aber irgendwelche Werbestatements können nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich inzwischen ohne Lohnerhöhungen weniger Netto vom Brutto hätte als vor der Wahl 2009. Es ist ja lobenswert, wenn die FDP versucht, durch Steuererleichterungen Spielraum für Steuerentlastungen zu schaffen (man beachte die vagen Formulierungen im Statement von Frau Homburger), aber irgendwelche Zielerklärungen helfen nicht, wenn man de facto weniger in der Tasche hat als vor dem Regierungsantritt der FDP.

Aber der Fakt „Weniger Netto vom Brutto“ dürfte momentan das geringste Problem der FDP sein.

JMStV – Strohfeuer 2010

Nein, was war das für eine Welle, die etwas zu spät durch die Blogs gegangen ist.

Der böse Jugendmedienschutz-Staatsvertrag schien der Quell allen Übels zu sein, fühlten sich doch viele Blogbetreiber durch die vermeintliche Alterskennzeichnungspflicht und Sendezeiten zur Einstellung ihrer Aktivitäten in der bisherigen Form gezwungen. Dumm nur, dass die ganze Aufregung erst aufkam, als es eigentlich schon zu spät war, sprich, nur noch die Zustimmung der Länderparlamente fehlte.

Klar habe ich im Nachhinein leicht reden, aber ich hatte nie geplant, den Betrieb hier einzustellen. Der Wirbel schien mir doch etwas zu groß, da ich vom reinen Bauchgefühl (und dafür fand ich durchaus Unterstützung) davon ausgegangen bin, dass Blogger nicht oder nur marginal von den Regelungen betroffen sein dürften. Im weitesten Sinne sind Blogs in meinen Augen ein journalistisches Angebot, zumindest würde ich dies im weitesten Sinne für mich in Anspruch nehmen. Wenn jemand regelmäßig aktuelle Geschehnisse in Politik, Boulevard oder Sport (sofern es da einen Unterschied gibt) kommentiert, müßte er nach meinem Verständnis ähnliche Regeln in Anspruch nehmen dürfen wie viele sogenannte Nachrichtenmagazine. Und dann schmelzen die Konsequenzen des JMStV zusammen.

Aber am Ende ist es doch anders gekommen, da in Nordrhein-Westfalen der Landtag geschlossen (!) gegen diese Novellierung gestimmt hat. Man muss sich das mal vor Augen führen: SPD und CDU haben auf Bundes- und Länderebene dieses Werk verbrochen, um es dann in NRW vor die Wand zu fahren. Auch die GRÜNEN und die FDP haben sich in anderen Parlamenten als Erfüllungsgehilfen erwiesen, selbst DIE LINKE hat sich in Berlin der SPD gebeugt – dennoch haben diese Parteien in NRW in ungewohnter Eintracht gegen die Novellierung des JMStV gestimmt.

Man sollte es nicht falsch verstehen – die Regelungen der Novellierung waren einmal mehr dazu angetan, in kleinen Schritten eine Infrastruktur zu schaffen, die gewisse Formen der Zensur erlaubt. Deshalb ist es gut und richtig, dass dieser Staatsvertrag gescheitert ist. Allerdings könnte man der Politik durchaus gute Ziele unterstellen – eine Jugendschutzinfrastruktur macht im Netz grundsätzlich was her. Allerdings denke ich, dass dieses Problem nicht nur nationale Gesetze gelöst werden kann, sondern in internationalen Fachgremien bearbeitet weren muss. Zum Beispiel könnte in technischen Standards festgelegt werden, wie im HTML-Text der Seite eine Altersklassifikation umgesetzt werden kann, deren Auswertung dann der Clientsoftware (Browser des Nutzers) überlassen bleibt. So kann der Nutzer bzw. die Eltern für ihr Kind festlegen, welche Altersklassifikation überhaupt angezeigt werden und wie mit Inhalten ohne Alterseinstufung umgegangen werden soll. Und auf diesem technischen Standard braucht es dann auch kein Gesetz, sondern lediglich (leicht geschrieben) eine gute Medienkompetenz der Nutzer.

Aber in dieser Novellierung zeigte sich einmal mehr, dass Politiker in diesen Tagen das Medium Internet noch nicht verstehen. Sie fassen es als ein modernes Fernsehen auf, bei dem einige Sender an viele Empfänger ein Programm verteilen. Dummerweise ist im Internet eine Vielzahl der Empfänger gleichzeitg Sender und das auch noch örtlich unbeschränkt. Dieses Konstrukt ist nicht auf bisherige Art und Weise per Gesetz zu kontrollieren, aber diese Erkenntnis fehlt in den Parteien.

Gut, am Ende ist erst einmal nichts passiert. Doch jeder, der jetzt aufatmet, sollte nicht vergessen, dass dies nur ein Teilsieg ist. Die Länder verhandeln demnächst den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) neu. Und ich bin mir sicher, dass die Parteien sich nicht noch einmal so strategisch dumm verhalten werden wie bei diesem Mal in NRW. Außerdem gilt das alte Regelwerk natürlich weiterhin.

Deshalb kann ich nur raten, das Thema zu beobachten und diesmal deutlich eher aufzuschreien.