Ich schwärme ja hier regelmäßig von George R.R. Martins Fantasy-Zyklus „Das Lied von Feuer und Eis“ (inzwischen auch „A Game Of Thrones“), besitze einige Bücher aus dieser Reihe auch als Wertanlage und verlose sogar Bücher aus dieser Serie. Nachdem nun im vergangenen Jahr der langersehnte fünfte Band erschienen ist, liegt es doch nahe, dass ich hier meine Gedanken zu diesem Buch niederschreibe.
Vorwegschicken muss ich, dass ich vor „A Dance With Dragons“ die vorherigen vier Bücher noch einmal auf Englisch gelesen habe, um richtig im Fluss zu sein. Deshalb wird meine Kritik sich auch auf den Vergleich der vorherigen Bücher mit dem aktuellen beziehen, außerdem werde ich mich auf die englische Aufteilung auf vier Bücher beziehen, die deutschen Ausgaben sind – bis auf die wertvolle Fantasy-Productions-Ausgabe – auf acht Bücher verteilt.
Die ersten drei Teile der Serie – „A Game Of Thrones„, „A Clash Of King“ und „A Storm of Swords“ sind direkt hintereinander angeordnet und erzählen die Geschichte um Westeros und die vielen Figuren relativ gradlinig. „A Feast For Crows“ bildet gemeinsam mit „A Dance With Dragons“ eine Einheit. Über weite Strecken laufen die beiden Bücher parallel. In „A Feast For Crows“ wird das Schicksal einiger Figuren beleuchtet, die „vergessenen“ Erzählcharaktere kommen in „A Dance With Dragons“ zum Zuge. Von den gut 1000 Seiten des aktuellen Werks verlaufen etwa 600 parallel zu „A Feast For Crows“, um auf den letzten Seiten wieder als Gesamtstrang weiterzulaufen.
Diese Vorangehensweise an die Erzählung fand ich schon in „A Feast For Crows“ nicht ganz optimal, weil eine der großen Stärken von George R.R. Martin – das Erzählen von Ereignissen aus verschiedenen Sichtpunkten und das Vorantreiben der Geschichte aus der Position anderer Charaktere – dabei eigeschränkt wird. Er musste sich schon in „A Feast For Crows“ sehr zurücknehmen, die Fäden der anderen Figuren nicht aufzunehmen, was besonders im Hinblick auf die Situation von König Stannis und seiner Hand Ser Davos Seaworth sich als schwierig erwies. Hatte er in „A Feast For Crows“ sich auf die Geschehnisse um King´s Landing beschränkt, so blendete er den Bogen um die Mauer und König Stannis ein Stück weit aus, was ein wenig unglaubwürdig war. Es gab nur wenige Hinweise auf das Schicksal von Ser Davos und König Stannis, die sich in „A Dance With Dragons“ dann auch noch als Finte erweisen.
Überhaupt Finten – die Serie lebt in besonderer Weise von überraschenden Wendungen und Drehungen, doch in „A Dance With Dragons“ habe ich ein wenig den Eindruck, George R.R. Martin übertreibt es ein wenig. Um den Leser auf immer neue Fährten und vielleicht auch hinters Licht zu führen, spielt er seinen Charakteren enorm mit. Ich will nicht „spoilern“, aber was z.B. Tyrion Lannister in „A Dance With Dragons“ passiert, kann man nicht mehr als hartes Schicksal verkaufen, das ist stark am Rande der Nachvollziehbarkeit. Der arme Tyrion muss soviel mitmachen, dass es doch einige Wendungen zuviel sind.
Und dennoch hat „A Dance With Dragons“ das Problem, dass es auf den parallel zu „A Feast For Crows“ laufenden Seiten nur wenig vorantreibt. Den einzelnen Figuren mag einiges passieren, die großen Geschehnisse bleiben aber weitestgehend aus. Während das große Gesamtbild in den ersten drei Büchern regelmäßig neu gemalt wurde, sind die großen Veränderungen bei „A Feast For Crows“ und „A Dance With Dragons“ nur sehr schleichend vorhanden. Auch da beraubt die Erzählweise und die Parallelität George R.R. Martin einer seiner Stärken.
Trotzdem ist „A Dance With Dragons“ ein gutes Buch, denn bei allen Kritikpunkten ist George R.R. Martin ein begnadeter Erzähler, der die Schwächen im großen Bild in den einzelnen Kapiteln wettmacht. Erst nachdem man das Buch beiseite gelegt hat, stellt man die oben genannten Kritikpunkte fest, denn die einzelnen Kapitel sind gut geschrieben, detailverliebt spielt der Autor mit Sprache und Figuren. „A Dance With Dragons“ ist sehr gut zu lesen, spannend geschrieben und trotz gewisser Schwächen im großen Bild eine uneingeschränkte Empfehlung für alle Fans der Serie. Alle anderen sollten natürlich die Serie mit dem ersten Band beginnen und werden dann automatisch Fans der Serie.