Dieser Tage liest und hört man viel von einem möglichen Boykott der Olympischen Spiele. Diese Forderung scheint insofern berechtigt, als dass China sich in Tibet gerade von seiner schlechtesten Seite präsentiert. Die vorgetragenen Boykottwünsche werden aber genau rigeros von den Verantwortlichen in Politik und Sportorganisationen zurückgewiesen.
Natürlich wäre ein Boykott bitter für die Sportler, die sich auf die Spiele vorbereiten und so vielleicht ihres Karrierehöhepunkts beraubt werden. Aber was wäre denn das Leid der Sportler verglichen mit der schreienden Ungerechtigkeit, die momentan in Tibet passiert?
Gut, politisch würde ein Boykott dieser Megaveranstaltung China isolieren bzw. mehr in Richtung Russland drängen. Hier kommen aber auch schon langsam die wahren Beweggründe der Boykottgegner zu Tage. Nicht nur, dass China für viele Länder ein wichtiger Handelspartner ist, den man nicht verärgern möchte, nein, viele Kredite, die westlichen Ländern z.B. den Irakkrieg ermöglichen, kommen aus China. Ein Affront in Form einer Nichtteilnahme an den Spielen könnte für diese wichtigen Beziehungen nachhaltigen Schaden bedeuten.
Auch wird in diesen Tagen wieder gerne hervorgeholt, wie damals bei der Vergabe der Spiele nach Peking die Entwicklung prophezeit wurde, dass durch diese Handlung China sich mehr öffnen und so die Menschenrechte Einzug halten würden. Die aktuellen Entwicklungen zeugen eher vom Gegenteil. Auch die Hoffnung, dass durch die Veranstaltung selbst und die damit verbundene Berichterstattung eine dauerhafte Besserung der Situation in China eintritt, halte ich mindestens für optimistisch, wenn nicht sogar für realitätsfremd.
Letztendlich dürfte das größte Interesse an einer Durchführung der Olympischen Spiele bei den Sponsoren liegen. Ca. zwei Milliarden Dollar durften die zwölf Exklusivpartner insgesamt auf den Tisch des Hauses legen. Klar ist in dieser Situation doch, dass sowohl das Olympische Komitee als auch die Sponsoren es sehr ungerne sähen, wenn dieser Deal platzen würde.
Aber bei all diesen Überlegungen muss man vielleicht auch mal realistisch auf die ganze Sache schauen. Ob die Olympischen Spiele stattfinden oder nicht, macht keinen Unterschied für die Situation der Menschen in China und Tibet. Soviel bringen die Olympischen Spiele der chinesischen Führung nicht, dass sie einen Boykott fürchten oder überhaupt nur beachten muss. Die wahren Nachteile bei einer Nichtdurchführung der Spiele lägen bei allen anderen. Und ob sich die Chinesen durch die Selbstgeiselung des Rests der Welt beeindrucken lassen, wage ich zu bezweifeln. Folglich würde ein Boykott wirkungslos verpuffen.
Das ist die wirklich bittere Erkenntnis dieser Diskussion: die Situation in China ändert sich nicht durch einen Boykott der Olympischen Spiele.