NRW-Wahl 2010: Nachbetrachtung

Das vorläufige Endergebnis für die gestrige Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen liegt nun vor, doch welche Folgen hat es.

Durch die Sitzverteilung ist eine Pattsituation eingetreten. Keines der beiden klassischen Lager hat eine regierungsfähige Mehrheit, sowohl Rot-Grün als auch Schwarz-Gelb wird es nicht geben. Die LINKE könnte erstes dulden oder ergänzen, eine große Koalition geht natürlich auch. Die sogenannte "Ampel" bzw. "Jamaika" wurden von der FDP bzw. den GRÜNEN im Vorfeld abgelehnt. Selbst im Angesicht des Wahlergebnis´ glaube ich da auch nicht an einen Sinneswandel.

Es gibt letztlich einen klaren Gewinner der Landtagswahl: DIE LINKE. Sie haben sich im bevölkerungsreichten Bundesland als Protestpartei etabliert, sind in den Landtag eingezogen und können, wenn sie besonders unklug sind, sogar an einer Regierung mitwirken. Zwar hat sich die Spitzenkandidatin gestern im Fernsehen noch einmal nach allen Regeln der Kunst blamiert, aber da war es schon zu spät. DIE LINKE hat alle Ziele erreicht und ist deshalb die ganz große Siegerin der Landtagswahl.

Zahlenmäßig gibt es freilich eine noch erfolgreichere Partei: DIE GRÜNEN. 12,1% bei 5,9% Zuwachs sind ein enormes Ergebnis, das man unter anderen Umständen als Sieg auch ganzer Linie betrachten müsste. Der bittere Beigeschmack für DIE GRÜNEN ist die Tatsache, dass die Chancen groß sind, dass man trotz des Erfolgs seine Politik nicht in der Regierung machen kann. Die Option "Große Koalition" ist auf Grund der Zahlen zu wahrscheinlich, als dass DIE GRÜNEN ihren Erfolg so richtig genießen könnten.

Die größten Verlierer sitzen natürlich in den Reihen der CDU. Man mag über die Gründe streiten, aber einen Rückgang von 10,3% kann man nur als herbe Niederlage auffassen. Wobei ich das ganze auch mal gerade rücken will: 2005 hatte die CDU einen enormen Zuwachs, der auch nicht unbedingt auf eigene Leistung zurückzuführen war, sondern als Abwahl der damaligen Bundesregierung zu verstehen war. Nun ist dieser besondere Umstand weggefallen und man ist wieder auf dem bis dahin normalen Niveau angekommen. 1985, 1990, 1995 und 2000 hatte die CDU jeweils Zahlen um 37% eingefahren, die man nun mit 34,6% zwar unterbietet, was man aber auf einen gewissen Regierungsmalus zurückführen darf. Über einen längeren Zeitraum betrachtet ist das CDU-Ergebnis also gar nicht so dramatisch. Und wenn man bedenkt, dass die Regierungsbeteiligung noch möglich ist, relativiert sich der gestrige Frust vielleicht etwas. Und für den politisch sicherlich verbrannten Herrn Rüttgers hat sich ja gestern schon Herr Laschet im Fernsehen in Position gebracht, so dass die CDU offenbar schon vorbereitet ist, aus der Niederlage zumindest einen Teilerfolg zu machen.

Die FDP hat zwar leicht gewonnen, aber das von Little Guido herausposaunte Ziel von "10 + x" klar verfehlt. Und das war es auch schon, was man über die Liberalen sagen kann und muss. Landespolitisch steht die FDP nun im Abseits.

"Die SPD ist wieder da." – so jubelte Frau Kraft gestern. Warum eigentlich? Frau Kraft hat die SPD in ihrer einstigen Hochburg auf ein neuerliches Tief geführt. 34.5% gabe es zuletzt in den 1954 für die SPD. Der laute Jubel ist mir befremdlich, denn die eigene Position ist nur deshalb gut, weil die andere große Partei sich noch schwächer präsentierte. Sicherlich: eine neue Landesregierung wird mit höchster Wahrscheinlichkeit mit der SPD gebildet werden, man hat es quasi in der eigenen Hand. Aber die Zahlen rechtfertigen keinen Jubel..

Was kommt nun auf uns zu?

Realistisch betrachtet gibt es ja wohl nur zwei Option. Rot-Grün unter Einbeziehung oder unter Tolerierung der LINKEN ist eine zwar rechnerisch mögliche Konstellation, sie erfordert aber von allen Beteiligten viel Engagement und Nerven. Würde die SPD sich auf diese Möglichkeit festlegen, würde es intern schwer rumoren und die Umfragewerte würden enorm einbrechen. Das Risiko für die SPD wäre enorm hoch, auch die LINKEN können in dieser Konstellation nur verlieren, da sie plötzlich nicht mehr nur dagegen sein könnten. Andererseits muss man auch feststellen, dass Rot-Rot-Grün inhaltlich sicherlich gute Schnittmengen hat und so zumindest eine klare Richtung gehen könnte.

Die wahrscheinlichere Option ist die große Koalition. Gefahren gibt es dabei kaum welche, einzig bei der Personalfrage des Ministerpräsidenten wird es spannend, da beide Parteien über die gleiche Anzahl an Sitzen im Parlament verfügen und in der Prozentzahl nur minimal differieren. Der Nachteil der großen Koalition ist die verwässerte Politik. Man hat in der Bundespolitik sehen können, dass in jeder Sachfrage ein Kompromiss gesucht wird, der nie der große Wurf sein kann. Ob eine solche Politik NRW vorwärts bringt, wage ich zu bezweifeln.

Quelle für Zahlen: Wikipedia – Landtagswahlen in NRW

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