Ich bin ja ein Freund des FC St. Pauli. Aber diese Woche hat mich in vielerlei Hinsicht verzweifeln lassen.
Sportlich sieht es momentan sehr mau aus für den launigen Traditionsverein aus der Hansestadt. Der letzte Platz in der zweiten Bundesliga lässt nicht nur das Schreckgespenst „Abstieg“ umgehen, die damit verbundene Bedeutungslosigkeit macht Angst und Bange. Aber: das ist ja keine neue Situation für den leidgeplagten Fan des FC St. Pauli. Die Ausflüge in die erste Bundesliga brachten fast immer ein solches Bild mit sich, auch die Spielzeiten in der zweiten Liga waren zuletzt wechselhaft und blieben hinter den Hoffnungen und Ansprüchen zurück.
Die sportliche Talfahrt ist das eine. Nicht schön, aber als Fan kann man damit umgehen.
Dennoch dachte ich immer, der Verein FC St. Pauli sei etwas besonderes. Damit meine ich nicht nur das wohl gepflegte Image als Außenseiter und Integrationsverein, als linke Bastion in der Fußballwelt. Nein, ich meine auch, dass der Umgang mit Menschen beim FC St. Pauli sich von anderen Clubs unterscheidet. Klar: wenn es sportlich nicht läuft, greifen halt die Mechanismen der Branche und der Trainer wird gefeuert. Das verstehe ich, auch wenn ich es manchmal für das falsche Mittel halte. Nun hat der FC St. Pauli in dieser Woche zum zweiten Mal in dieser Saison den Übungsleiter gewechselt (ohne sportlichen Erfolg daraus zu ziehen, aber das nur am Rande). Auch wenn das stark nach hektischem Aktionismus aussieht, kann ich diesen Schritt zumindest ein wenig nachvollziehen. Der bisherige Trainer Meggle ist im Profifußball noch unerfahren, vielleicht muss man ihm einfach die Erfahrung absprechen, im Abstiegskampf die richtigen Entscheidungen fällen zu können. Das ist nicht toll, aber akzeptabel.
Das andere, nicht so schöne, ist die Art und Weise des Umgangs mit Menschen.
Statt des Trainers wurde der Sportdirektor entlassen, der bisherige Trainer wurde Sportdirektor und der Trainerveteran Ewald Lienen (aka Zettel-Ewald) wurde als neuer Trainer engagiert. Diese Rochade mag Stirnrunzeln hervorrufen, aber die wirkliche Schwierigkeit habe ich mit der Folge der Ereignisse:
Innerhalb eines Tages dreht sich der Wind von der Stützung der handelnden Personen zur Entlassung des Sportdirektors und zum Wechsel des Trainers. Diese niederträchtige Abfolge von öffentlicher Stütze mit anschließendem Feuern kannte ich bisher nur von „normalen“ Vereinen, nie hätte ich gedacht, dass „mein“ FC St. Pauli so ein Schmierentheater veranstalten würde. Zu einem guten Miteinander gehört auch der anständige Umgang mit den handelnden Personen – auch und gerade in der Öffentlichkeit. Wenn ich mir nicht mehr sicher bin, die richtigen Personen zu beschäftigen, lasse ich Fragen zu diesem Thema unbeantwortet oder gestehe meine Zweifel. Schalke 04 hat das mit Jens Keller monatelang vorgelebt – das war zwar nicht schön, aber ein ehrlicher Umgang.
Vielleicht ist „verzweifeln“ aus der Einleitung das falsche Wort. „Zweifeln“ trifft es eher. Ich zweifle an meiner Freude am FC St. Pauli, wenn dessen Vorstand den Umgang mit Menschen auf die Niederträchtigkeit der Branche herabsetzt und falsche Bekenntnisse für sein Personal veröffentlicht.
Die sportliche Talfahrt berührt mich zwar und stimmt mich traurig, aber diese menschliche Talfahrt ist es, die mir schwer zu schaffen macht.
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