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Sind Computerspiele die Übeltäter?

Folgenden Artikel habe ich vor einigen Jahren geschrieben, als mal wieder irgendein Mensch Amok lief und in seinem Zimmer ein PC gefunden wurde; aktuell bleibt er dennoch (kleinere Korrekturen waren notwendig):

Nach so ziemlich jeder schrecklichen Gewalttat heranwachsender Täter
wird inzwischen auf ihren Konsum von Gewaltspielen an Computer oder Konsole hingewiesen und auf vermeintliche Zusammenhänge zwischen Spiel und Realität hingewiesen. Und jedesmal schauen die Computerspieler von ihrem Unreal Tournament 2003 Call of Duty auf oder unterbrechen ihre CS-Party, um auf die Friedfertigket ihres Hobbys hinzuweisen. Jegliche andere Behauptung sei böswillig. Man schaue sich doch mal zuerst das tägliche Fernsehen an..

Sicherlich ist es richtig, dass das deutsche Fernsehen schon lange vor der Prime Time Menschenbilder und Realitäten suggeriert, die an Perversität kaum zu überbieten sind. Aber trotzdem frage ich mich
ernsthaft, wie selbstverliebt deutsche Zocker und die umgebende Industrie aus Zeitschriften und Herstellern wohl sind. Wie kann jemand allen Ernstes behaupten, die simulierte Tötung eines Menschen auf dem Computer sei im Zeitalter von Radeon 9700 ProATI-4870-Grafikkarten, Digital 67.1 und Force Feedback nicht so überzeugend, dass sie realistisch wirkt und vermutlich auch ist? Und wenn diese Darstellung nun der Realität so
nahe kommt, warum sollte dann nicht der ein oder andere schwache Mensch die Grenze von Spiel und Realität nicht mehr sehen können? Wie soll man die
Tatsache, dass sich Maps für 3D-Shooters, mit denen man die namensgebenden Massaker nachspielen kann, höchster Downloadraten erfreuen?

Jedes Medium trägt zur gesellschaftlichen Entwicklung seinen Teil bei. Das schließt auch und gerade das Medium "Computer" ein. Und irgendwie muss der Verstand schon mächtig in Gefahr sein, will man dies ernsthaft leugnen. Computerspiele tragen eine immer größer werden gesellschaftliche Verantwortung, dies muss sich jeder immer wieder
bewußt machen. Und auch wenn ich keine Lösung weiß, sollte man sich fragen, was gegen gewisse Entwicklungen in dieser Branche getan werden kann. So bleibt neben vielen anderen die Frage nach der Hilfestellung für vom Medium überforderte Eltern, die ihre sechsjährigen Sprößlinge vor "Left 4 Dead" setzen.

Ich will freilich nicht so verstanden werden, dass auch ich in Computerspielen den ausschlaggebenden Grund für die namensgebenden Ereignisse sehe. Aber ich sehe durchaus einen kausalen Zusammenhang zwischen der "Karriere" der Täter als Computerspieler und ihrer abscheulichen Taten. Und ich wäre froh, wenn dieses Problembewußtsein
sich verbreiten würde. "Killerspiele" sind sicherlich keine Vorbereitung für einen "gelungenen" Amoklauf, Inspirationen mögen sie aber liefern.

Und jetzt fraggt mal schön weiter,
Euer Marcus Gäßner

Sündenbocksuche erfolgreich

Wenn mal wieder ein Kind verhungert, weil die Eltern es einfach nicht versorgen, kann man natürlich die Mentalität der DDR aufleben lassen und ihr die Schuld am individuellen Versagen der Erziehungsberechtigten geben. Viel besser, weil viel anschaulicher, ist da die Erklärung von Fox News: Videospiele sind die Übeltäter.

Hauptsache, man hat einen Sündenbock.

Virtuelles Killen in Gottes Namen

Während alle Welt über gewalttätige Computerspiele diskutiert, haben einige Kirchengemeinden in Amerika diese Spiele als Werbemethode für sich entdeckt. Besonders "Halo 3" mit einem leichten religiösen Touch in der Geschichte erweist sich als gut darin, männliche Jugendliche in die Gemeindehäuser zu locken. Da werden auch mal Altersempfehlungen übergangen, ist ja schließlich alles in Gottes Namen.

Vielleicht läßt die Kirche demnächst nach dem Vorbild von "America´s Army" gleich ein eigenes Rekrutierungsspiel entwickeln: als Engel kämpft man gegen die Heerscharen der Hölle, der Pornoindustrie und anderer Religionen. Lebensenergie erfrischt man durch Bibellektüre oder durch ein Gebet. Ein Segen läßt den Spieler 10 Sekunden unverwundbar werden, während Weihwasser den verursachten Schaden verzehnfacht. Und wer zehn Schwule in acht Sekunden umlegt, kommt direkt in den Himmel..

Himmel hilf..

Wrestling UND Computerspiele sind die Übeltäter

Auch das mußte mal kommen: die beliebten Themen "Killerspiele" und "Wrestling" dürfen auch mal gemeinsam an einem Verbrechen Schuld sein. So soll "Smackdown vs. RAW 2006" an der Tötung eines Obdachlosen durch einen 19-jährigen Spieler Schuld sein. Dieser plädiert freilich darauf, dass das Spiel und der Alkohol die Schuld trügen, schließlich kann er so eine mildere Strafe bekommen.

Ich hab´ da mal was gesehen..

Uwe Schürmann ist CDU-Politiker, Industriekaufmann und Innenminister in Niedersachen. Klar, für einen guten Konservativen gehört es dazu, für das Verbot von "Killerspielen" zu sein. Was Herr Schürmann auch gleich mal dem Stern ins Mikro zum Besten gibt.

Gut, Herr Schürmann ist ja auch Experte auf diesem Gebiet, kennt er doch die genauen Punktzahlen, die man fürs "Armabtrennen" oder "Kopfabtrennen" bekommt, schließlich hat er sich "solche Spiele" schon einmal gespielt zeigen lassen. Damit hat er den meisten Politikern momentan wohl einiges voraus.

Ansonsten verliert sich Herr Schürmann in den bekannten Phrasen, konkret wird er lieber nicht. Ist auch okay so, sonst müsste er sich wahrscheinlich komplett blamieren. Ich will mehr solcher Interviews.

Indizierte Spiele illegal beziehen

Für unseren lieben Herrn Beckstein aus Bayern gibt es Wasser auf die Mühlen – und das von PC Games Online. Und zwar sind 100% aller in diesem Jahr verbotenen oder indizierten Spiele (auch gerne "Killerspiele" genannt) illegal (!) im Internet zu beziehen. Unglaubliche Erkenntnis. Was Herr Beckstein wohl daraus machen wird?

Gegenwind für Aktionismus

Der Amoklauf von Emsdetten und die unvermeintliche Forderung nach dem Verbot von PC-Spielen zieht seine Kreise im Netz. Erwartungsgemäß findet man viel Kritik an den unüberlegten Pauschalangriffen aus der Politik (gulli hat einen schönen Artikel dazu – mal wieder).

Gut, dass Meldungen der Medien, der Amokläufer habe im Vorfeld seine Schule im Spiel "Counterstrike" nachgebaut, um zu üben, inzwischen korrigiert wurden (Spiegel). Ob solche Berichte etwas am eindimensionalen Bild des Killerspiel-Spielers ändern? Wohl kaum.

Man kann nur hoffen, dass sich in den nächsten Tagen die öffentliche Debatte weg vom Aktionismus hin zur wahren Ursachenforschung für solche Greueltaten entwickelt. Denn sind erst einmal die Killerspiele verboten, braucht die Gesellschaft Politik einen neuen Sündenbock beim nächsten Amoklauf. Und der kommt bestimmt.

Verdrängungszensur

Auf einen interessanten Fakt machte mich ein Artikel in Marcels Parteibuch aufmerksam. Die vielfältigen Spuren des Amokläufers von Emsdetten im Netzwerk des WeltWeiten Wahnsinns werden in Windeseile zensiert bzw. von der Polizei via Passwortschutz unzugänglich gemacht (gulli hat den passenden Artikel dazu).

So bleibt der breiten Öffentlichkeit nur die Möglichkeit, über die Medien und Behörden zu erfahren, was den jungen Mann zu dieser schlimmer Tat bewegt hat. Leider höre und lese ich heute nur, dass Killerspiele Schuld an dieser Bluttat sind. Man kann die Probleme auch verdrängen.

Es geht schon wieder los.

Irgendwie wußte ich es gestern schon: nachdem ein junger Mann, warum auch immer, in seiner ehemaligen Schule in Emsdetten einen Amoklauf begangen hat, fordern Medien und Politiker gleich ein Verbot von Killerspielen. Herrlich, wie berechenbar diese Welt ist.

Ob dann auch konsequenterweise Schieß- und Schützenvereine genauso in die Kritik geraten wie der private Waffenbesitz? Oder wird mal jemand nachschauen, welchen verdummenden Fernsehprogramme der Täter konsumiert hat? Ich glaube nicht..

Wahrscheinlich wird sich niemand fragen, ob bei der Erziehung des Jungens in den letzten 18 Jahren irgendwas gewaltig schief gelaufen ist. Denn das würde ja eine ganz andere Diskussion lostreten.